Samstag, 24.04.2004
ab 15 Uhr Tour de Luxe
abends Gala-Party
Zum ersten Mal findet in Berlin die „Tour de luxe“ statt!
Für die Teilnahme
gibt es keine Voraussetzungen:
Joggen, Walken, Hüpfen, Rollschuh- und Rollstuhlfahren -
alles ist möglich
(ganz Faule dürfen auch mit dem Rad mitmachen)!
Wichtig ist nur eins:
wir sind schnell, beweglich, dynamisch, spontan.
Die Tour führt ausschließlich an 5-Sterne-Luxushotels vorbei:
Der Startschuss fällt am Hotel Esplanade am Lützowufer . Dann
geht’s über den Potsdamer Platz zum Ritz Carlton, dem derzeit
teuersten Hotel in Berlin, weiter zum Hotel Adlon, Vier Jahreszeiten und
schließlich zum definitiven Zieleinlauf ins Hilton am Gendarmenmarkt.
Am Startpunkt erhaltet ihr Startnummern, SportkommentatorInnen und Kameras werden das Hauptfeld begleiten und das solidarische Gesamtergebnis kommentieren und dokumentieren. Vor jedem Hotel warten anspruchsvolle „Trimm-Dich-Stationen“ auf kreative Sport- und AntisportlerInnen. Wir konfrontieren den weltoffenen Gestus Berliner Luxushotels mit unseren verschwitzten Leibern - Wir fordern "Luxus" für Alle!
Selbstverständlich wird die Tour mit luxuriösesten Preisen für „besondere Leistungen“ aufwarten die Preisverleihung und Videoauswertung erfolgt im Rahmen einer Gala am Abend.
Die ganze Armut kotzt uns an!
Armut ist eine relative Sache: Ist ein Hirt mit zwanzig Schafen in der Wüste, wo nichts wächst als ein bißchen Gras, ein armer oder ein reicher Mann? Sind allerdings arm und reich, Überfluß und Knappheit gleichzeitig zu finden und gehören funktional zusammen, fällt das Urteil leichter. Weltweit müssen 1,15 Milliarden Menschen von weniger als einem Dollar täglich überleben. Das reichste Fünftel der Weltbevölkerung verbraucht 16-mal so viel Nahrung wie das ärmste Fünftel. Gleichzeitig verdiente das reichste Fünftel der Weltbevölkerung im Jahr 1990 sechzigmal so viel wie das ärmste Fünftel; 1997 war es schon der Faktor 74. Fast 800 Millionen Menschen sind schlecht ernährt. 70 Prozent aller in Armut lebenden Menschen sind Frauen. Nur 30 Prozent aller Frauen werden für ihre Arbeit bezahlt.
Die Schere zwischen
Arm und Reich hat sich auch in den reichen Industrienationen weiter geöffnet:
1998 besaßen in Deutschland die reichsten zehn Prozent der Haushalte
42 Prozent des Vermögens. Der ärmeren Hälfte der Bevölkerung
gehörten dagegen nur 4,5 Prozent der Geld- und Sachwerte. 13 000 Menschen
kann man als Einkommenmillionäre bezeichnen. Dagegen leben 2,88 Millionen
Menschen von Sozialhilfe. Der Sozialhilferegelsatz liegt derzeit bei 296,--
Euro monatlich. Die ungleiche Verteilung von gesellschaftlichem Reichtum
wird uns zwar immer wieder als Naturgesetz verkauft, hat mit Natur aber
rein gar nichts, mit Kapitalismus, freiem Markt oder Neoliberalismus allerdings
alles zu tun. Es ist eben ein eisernes Gesetz der Kapitallogik, Eigentum
ungleich zu verteilen und Ausbeutung zu organisieren. Da beißt die
Maus keinen Faden ab. Im globalen Maßstab hat diese Form der Organisation
menschlichen Zusammenlebens bestialische Auswirkungen. Hier in den Metropolen
und speziell in Berlin fallen die nebeneinander existierenden „Klassen“
eher durch ihre zynischen Ausdrucks- und Erscheinungsformen auf: Der Junkie
in der öffentlichen Wall-Toilette, der Obdachlose, der von Polizei
und privaten Sicherheitsdiensten aus den Einkaufszentren vertrieben wird,
die Rentnerin, die kein Geld mehr für ihre Medikamente übrig hat,
steht im weltoffen Berlin neben dem Yuppie am Potsdamer Platz, neben der
High Society, die auf ihrer Benefiz-Gala den neuesten Pelz ausführt,
neben dem honorigen Einkommensmillionär, der ganz liberal die Würde
des Bettlers achtet und sich im Sinne einer neuen Dienstleistungsgeneration
für 1 Euro die Schuhe putzen lässt. Wenn der Berliner Multimillionär
dem erwerbslosen Alkohokranken in der Eckkneipe jovial den Arm um die Schulter
legt, und heute mal die Zeche zahlt, dann ist das der Gipfel der (neo)liberalen
Weltoffenheit. Echte Berliner Herzlichkeit. Und so will auch das Ritz Carlton
sein Restaurant dem Berliner Underdog offen halten, solange er das Mineralwasser
dort zahlen kann. Das Image kommt an.
Dasselbe System ist nicht gleich dasselbe Boot
Richtig schlimm wird
dieses Szenario, wenn die sozial Deklassierten, Einkommensarmen, Erwerbslosen,
Geringverdiener und Diener, also der Mob (so bezeichnen die Gewinner der
„High society“ die „Subalternen“ gerne), beginnen,
ihre Situation und Stellung zu akzeptieren, zu rechtfertigen, wegen der
„Leistung“, die ihre vorgesetzten „Eliten“ angeblich
bringen. Wenn die Entrechteten beginnen von der Notwendigkeit ihres entrechteten
Tuns zu schwafeln - wie die Popen von der Notwendigkeit des Dienens und
Herrschens - dann ist die Volksgemeinschaft nicht mehr weit. Diener und
Herrscher werden eins und die Sortierung und Wahrnehmung der Welt wendet
sich gegen das Äußere, das Fremde. Mit Warnungen vor Sozialneid
wird diese Propaganda progressiv getarnt. Denn niedere Beweggründe,
die dem anderen nach seinem Eigentum trachten, müssen vom christlich
geprägtem Zivilisationsverteidiger strikt zurückgewiesen werden.
Statt die Ursachen der richtig empfundene Benachteiligung im Kapitalismus
zu erklären, werden von demokratischen Zivilisations-Kämpfern
dann lieber moralisierende Sozialarbeiter implementiert, um den bescheidenen
Untertan zu erziehen und die „Heinz Rühmanisierung des Klassenkampfs“
zu forcieren.
Ein von Armut Betroffener beweist die Existenz von Resten seines Verstands,
und zwar ganz unabhängig von seinem Bildungsgrad, wenn er seine Situation
beim Anblick von Prunk und Protz als ungerecht empfindet. Die solidarische,
alle Grenzen sprengende Beendigung von Armut ist die richtige Antwort auf
diesen rationalen Affekt.
Der Sachzwang zur Ausbeutung
Die Profiteure des weltweiten
Siegeszugs des Kapitalismus werden nicht müde an den Buffets der Luxushotels,
auf Tagungen und Gipfeltreffen in gediegenem Ambiente über die Notwendigkeit
des Sparens zu schwadronieren. Der Gürtel müsse enger geschnallt
werden, wohlgemerkt nicht der ihre, erklären sie mit zunehmender Überzeugungskraft
einer offensichtlich immer mehr verblödenden Presseöffentlichkeit.
Trotz steigender, exorbitanter Gewinne, steigender Produktivität und
sinkenden Lohnstückkosten wird die Volksgemeinschaft auf den Standort
eingeschworen, auf den globalen Konkurrenzkampf gegen die Malocher anderer
High-Tech-Nationen und die bereits verarmten Billigarbeiter des Trikonts.
Dass die zynischen Inszenierungen, die immer grössere Kluft zwischen
Arm und Reich dabei sogar in der Linken immer weniger thematisiert und bemerkt
wird, dürfte Ergebnis eines hirnwaschenden Diskurses sein, der Gewinner
und Verlierer der weltumspannender Profitlogik nicht mehr benennen will,
sondern nur noch von abstrakten Strukturen schwafelt und die Entpersonalisierung
aller gesellschaftlichen Zusammenhänge als letzten, fortschrittlichen
Erkenntnisgewinn verbrät.
Die Propaganda zum weitern Abbau von sozialen Rechten wird von den Profiteuren
aus den Unternehmerverbänden nicht aus einem Systemzwang heraus verbreitet,
der zur Sicherung ihrer Existenz notwendig wäre, sondern entspricht
schlicht und ergreifend ihren Interessen. Dass sich deren Interessen objektiv
nicht mit den Interessen der Mehrheit der Menschheit überschneiden,
scheint eine ebenso einfache Erkenntnis zu sein. Die widerliche und oft
obszöne Zurschaustellung von privaten Reichtum, visualisiert ein objektives,
kapitalistisches Gewaltverhältnis: den Ausschluss der überragenden
Mehrheit der Menschen von einem schönen Leben.
Ohne Zweifel ist das System der Fehler, genauso zweifellos gibt es in diesem
System Interessengegensätze und damit Gegner. So ist dann auch Brecht´s
Satz „Das Unrecht hat Namen und Adresse“ zu verstehen. Eat the
rich!
Bei der Konfrontation mit den Profiteuren des Kapitalismus/Neoliberalismus
geht es aber nicht um die Fortführung des Konkurrenzkampfs auf höherem
Niveau. Es geht um den Kampf für ein schönes Leben für alle.
Es geht nicht um asketischen Konsumverzicht, sondern um lustvolles Leben
für alle. Es geht darum der Devise „Jeder nach seinen Fähigkeiten,
jedem nach seinen Bedürfnissen“ Geltung zu verschaffen.
In diesem Sinne:
Luxus für alle! Kapitalismus die Kralle! Eat the rich!